NOMEN EST OMEN
Recherche / Bericht: Herr Rößler
Die Namensgebung des heutigen Leibniz-Gymnasiums
Die Bezeichnung einer Schule beinhaltet einen zentralen Aspekt ihrer Identität. Sie spiegelt oft das vorhandene Profil und die gesetzten Schwerpunkte wider. Ganze Schülergenerationen fühlen sich emotional mit dem Namen ihrer Schule verbunden. Eine Umbenennung stellt somit einen besonderen Einschnitt dar.
Dennoch fanden wiederholt in der Schulgeschichte unseres Gymnasiums Namensänderun-gen statt, die hauptsächlich wirtschaftlich, verwaltungstechnisch, gesellschaftlich, gesamt-, bildungspolitisch und/oder aber auch pädagogisch begründet waren.
Mit der folgenden Zusammenfassung soll die Namensgebung über 125 Jahre hinweg bis zum heutigen Leibniz-Gymnasium beleuchtet werden. Im Jahr 2014 trägt die Schule diesen Namen bereits seit einem halben Jahrhundert.
Die offiziellen Schulbezeichnungen wurden aus Zeugnissen oder, falls es möglich war, aus den jeweiligen Titelblättern der alten Jahresberichte und aus Festschriften entnommen. In ihnen findet man zum gleichen Thema veröffentlichte Artikel, die u.a. als Grundlage folgen-der Erläuterungen dienten.
Namen unserer Schule
Vierkursige königliche Realschule (1888 – 1892)
Als die königliche Realschule im Jahre 1888 gegründet wurde, hatte sich die Einwohnerzahl der Stadt Pirmasens in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Mit einer zunächst vierkursigen Realschule sollte dem stark erhöhten Bedarf an ausgebildeten Verwaltungs-, Industrie-, Gewerbe- und Handelsfachkräften Rechnung getragen werden. Im Jahr 1891 erfolgte die Angliederung einer Fachschule für Schuhmacher sowie einer gewerblichen Fortbildungsschule. Sie waren bis 1920 der Realschule zugeordnet.
Königliche Realschule (1892 – 1918)
Schon im Jahr 1890 stellte das Direktorat den Antrag, die Realschule von vier auf sechs Kurse aufzustocken. Ab dem Schuljahr 1892 konnte man seinen Realschulabschluss mit der begehrten Berechtigung zum „Einjährigen freiwilligen Dienst im ganzen deutschen Heere einschließlich der Marine" ablegen. Vergleicht man die Möglichkeiten, die sich einem Absolventen damals boten, mit der Mittleren Reife heute, so erkennt man, dass dieser Abschluss früher einen wesentlich umfangreicheren Zugang zu höheren Berufen verschaffte.
Im Schuljahr 1891/92 erfolgte nach einem Auszug aus dem Exerzierplatzschulhaus die Einweihung eines neuen Gebäudes. Dieses war in der zum gleichen Zeitpunkt geschaffenen Luitpoldstraße gelegen, der heutigen Luisenstraße. Wohl auf Grund der Namensgleichheit der Straße mit der 1895/96 auf dem Nagelschmiedsberg errichteten Luitpoldschule erscheint in mehreren Veröffentlichungen der Name der Realschule fälschlicherweise als Luitpoldschule.
Realschule (1918 – 1927)
Nach dem Ersten Weltkrieg endete die Monarchie in Bayern und im Deutschen Reich. Verursacht durch diese gesamtpolitische Umwälzung verschwindet im Namen der Schule der Zusatz „königlich".
Realschule und städtische Oberrealanstalt (1926 – 1927)
Im Jahr 1924 wurde „durch eine eigentümliche Verkettung der Umstände" eine siebte Klassenstufe eingerichtet. Über die Hintergründe hierzu kann heute nur noch spekuliert werden. Vielleicht wollte man den jungen Leuten auf Grund fehlender Arbeit Gelegenheit zur Weiterbildung geben, wie es im Jubiläumsbericht 1938 beschrieben ist. Oder sah die Stadt im Hinblick auf eine sechskursige Realschule, die Chance, Fakten zu schaffen, indem sie die Wirren der damaligen Umstände ausnutzte. Damals waren wegen der Separatistenzeit die Verbindungen mit der Außenwelt sehr schwierig geworden. So errichtete man ohne Genehmigung des Kultusministeriums eine städtische Oberrealanstalt. Als Reaktion der zuständigen Behörde in München stufte man den verantwortlichen Schulleiter, Herrn Oberstudiendirektor Wagner, zurück und versetzte ihn zur Strafe nach Würzburg. Möglicherweise ergab sich diese harte Maßnahme als eine Rückmeldung auf die in Bayern gefürchteten autonomen Bestrebungen der Separatisten in der Pfalz.
Erst nach weiteren Eingaben wurde am 11. April 1925 die städtische Oberrealanstalt genehmigt.
Oberrealschule (1927 – 1938)
Am 22. April 1927 erfolgte endlich die Umwandlung in eine staatliche Oberrealschule. Mit dieser Oberrealschule konnte jetzt auch die abschließende Reifeprüfung durchgeführt wer-den. Die Abiturienten der Oberrealschule waren damit für das Studium der Naturwissenschaften oder Ingenieursberufe zugelassen. Andere Studiengänge forderten oft weitere Qualifikationen wie das Latinum.
Oberschule (1938 – 1945)
In der NS-Schulpolitik von 1937 bis 1941 wurde das höhere Schulwesen auf drei Formen beschränkt: die Oberschule für Jungen, die Oberschule für Mädchen – beide mit naturwissenschaftlichem und sprachlichem Zweig – und auf das Humanistische Gymnasium. Jungen- und Mädchenbildung blieben damit grundsätzlich getrennt. Die Oberprimen fielen weg, damit die Jugend frühzeitig in die für den Staat wichtigen Stellungen kam.
Oberrealschule (1945 – 1950)
Direkt nach dem Krieg übernahmen die Besatzungsmächte die Zuständigkeit für die Schulen. Sie bestimmten die Wiedereinführung des vor dem 2. Weltkrieg vorhandenen Namens Oberrealschule, führten wieder neun Klassen sowie zentrale Reifeprüfungen ein.
Naturwissenschaftliches Gymnasium (1950 - 1959)
Mit Beginn des Schuljahres 1950/51 erhielten alle höheren Schulen in Rheinland-Pfalz die Bezeichnung Gymnasium. Das zuständige Ministerium überließ die Wahl des Schultyps und auch die des Namens den Eltern. Diese stimmten ganz der Tradition folgend für ein Naturwissenschaftliches Gymnasium. Da ab 1954/55 neben dem Altsprachlichen ein Neusprachliches Gymnasium in Pirmasens entstand, war die jedem gymnasialen Typ zugeordnete Bezeichnung eindeutig.
Staatlich mathematisch-naturwissenschaftliches Gymnasium ( 1959 – 1964)
Wahrscheinlich berücksichtigt die Änderung zum „mathematischen" Gymnasium den Stellenwert, den die Mathematik als grundlegendes Fach für die Naturwissenschaften besitzt.
Staatliches neusprachliches und mathematisch-naturwissenschaftliches Gymnasium (1964)
Nachdem die Stundentafeln für mathematisch-naturwissenschaftliche und neusprachliche Gymnasien durch eine Neuordnung in den ersten sechs Klassen völlig gleich wurden, schuf man nun auch für die Oberstufe 1964 zusätzlich einen neusprachlichen Zweig. Trotz des Wunsches des damaligen Schulleiters, Herrn Engel, in der Bezeichnung den mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig der Tradition entsprechend vorzuziehen, wurde der obige Name der Schule angeordnet.
Staatliches Leibniz-Gymnasium
(neusprachlich und mathematisch-naturwissenschaftlich) (1964 – 1977)
Alle diese Änderungen und Neuerungen waren der Anlass, nach einem kürzeren und gleichzeitig charakteristischen Namen zu suchen. Da nun zwei Gymnasien mit gleichem Bildungsangebot in Pirmasens existierten, kam es zu häufigen (vor allem postalischen) Verwechslungen. So stand am 12.6.1964 als letzter Punkt auf der Tagesordnung der Lehrerratssitzung eine neue Namensgebung. In einem ersten Wahlgang wurde beschlossen, einer Persönlichkeit aus der mathematisch-naturwissenschaftlichen Richtung Vorrang einzuräumen. In einer zweiten Abstimmung einigte man sich auf das Universalgenie Gottfried Wilhelm Leibniz, dessen Name die Schule mit offiziellem Bescheid ab 15.7.1964 trägt.
Staatliches Leibniz-Gymnasium (1977 - 1992)
Weil mit der Einführung der Mainzer Studienstufe (MSS) in allen Gymnasien ein ähnlicher Fächerkanon angeboten wird, verzichtete man im Zuge der Einführung der Oberstufenreform auf die Einteilung in altsprachliche, neusprachliche und mathematisch-naturwissenschaftliche Gymnasien.
Leibniz-Gymnasium (1992 - ...)