24.-26.06.19: Abschlusspreis Leben mit Chemie
Tim Neumahr besucht Workshop der BASF
Bericht und Fotos: Tim Neumahr (MSS 11)
In der Woche vor den Sommerferien durfte ich einen mehrtägigen Workshop bei der BASF besuchen. Unter verschiedenen Überbegriffen experimentierten ich und weitere 21 der besten Schülerinnen und Schülern des Leben mit Chemie Wettbewerbs in den Schülerlaboren der BASF in Ludwigshafen. Meine Erlebnisse möchte ich euch kurz in meinem nachfolgenden Bericht schildern.
Bereits bei der Anfahrt lernte ich einige der Teilnehmer kennen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde und dem Zusammentreffen mit Herrn Pörsch sowie einigen Mitarbeitern der BASF, begaben wir uns direkt zu den Schülerversuchslaboren und starteten nach kurzer Sicherheitsunterweisung sowie einigen interessanten Fakten über die BASF mit unseren Experimenten. Diese gliederten sich über die drei Besuchstage in die verschiedensten Themenbereiche, von Analytik am ersten Tag bis zu aktuellen Themen, wie Bio Diesel und Brennstoffzelle am zweiten Tag und schließlich Indigo am dritten Tag. Um uns untereinander besser kennenzulernen, war es unsere erste kleine Einführungsaufgabe, ein rohes Ei mit verschiedenen Kunststoffen und Papier so einzupacken, dass es einen Ei-Weitwurf überstehen konnte. Bereits hier war Kreativität gefragt. Auch wenn leider einige Eier zu Bruch gingen oder dem Werksverkehr zum Opfer fielen...
Nun wurden wir erstmals in die Labore geführt und auch dort wartete eine kleine Einführungsaufgabe. Mittels diverser Apparaturen gewannen wir Koffein, welches wir anschließend unter UV Licht nachweisen konnten. Ebenso bestand die Möglichkeit die gewonnene Testsubstanz in einem Gaschrommatographen feststellen zu lassen. Am gleichen Arbeitstag extrahierten wir grünen Pflanzenfarbstoff, welchen wir mit Hilfe der uns zur Verfügung stehenden Chemikalien aus Grashalmen gewannen. Nach einer kurzen Stärkung mussten wir selbst aktiv werden. Jeder Teilnehmer musste zur Vorbereitung eine Aufgabe erfüllen. Meine Aufgabe bestand darin, die horizontal radiale Dünnschichtchromatographie in einem Fließmittelbehälter zu erläutern. Diese Aufgabe(n) wurden im Anschluss im Plenum vorgestellt und auch sogleich umgesetzt. Wir führten u.a eine Dünnschichtchromatographie an unserer bereits gewonnenen Farbe durch und stellten fest, dass das grün des Grases eigentlich gar kein reines Grün, sondern eine Mischfarbe ist...
Nach dem Aufräumen (die werksinterne Fachfirma, die die schmutzig gewordenen Laborgeräte spülte, war hier durchaus eine große Hilfe und wäre auch etwas für uns am Leibniz...), folgte die Busfahrt zu unserer Unterkunft in der JH Neustadt (Weinstraße). An diesem Abend erwartete uns ein gemütlicher Grillabend mit anschließenden Spielen.
Der zweite Morgen startete bereits kurz vor 7 mit Frühstück. Nach der Ankunft in Ludwigshafen erwarteten uns an diesem Tag wieder zwei neue BASF-Mitarbeiter in Begleitung von Herrn Dr. Joachim Wünn, dem Leiter der Schülerlabore an der BASF. Der heutige Tag stand ganz im Sinne von Energie, genauer gesagt Ideen, zur nachhaltigen Nutzung. So stellten wir nach erneuter Sicherheitseinweisung, und Einteilung in zweier Teams, zunächst die signifikanten Unterschiede zwischen Rapsöl und konventionellem Diesel bzw. dessen Ausgangsstoff Erdöl fest. Anhand dieser Unterschiede erklärte sich für uns bereits ganz schnell, wieso es so schwierig ist, konventionell betriebene Autos nachträglich „grün" umzurüsten und dass hierzu weit mehr gehört, als nur die Idee, ein pflanzliches Öl statt Erdöl als Ausgangsstoff zur Treibstoffherstellung zu nutzen. Pflanzliches Öl muss zuerst aufbereitet werden, da es einen veränderten Zündpunkt sowie eine andere Viskosität aufweist. So entwickelten wir nach Anleitung selbst Experimente wie wir mit verschiedenen Chemikalien und Apparaturen, die uns im Chemieunterricht leider oftmals nur aus Bildern oder Lehrerversuchen bekannt sind mit denen man diese Parameter beeinflussen konnte. Auch wenn sich das nun Pflanzenöl als Bio Diesel eignete, ist dies dennoch nicht die ultimative Lösung, zum umweltfreundlichen Individualverkehr, da immense Ackerfläche benötigt würden, wollten wir alle Autos auf diese Weise umrüsten/ausliefern, was sich ebenso auf Armut und Unterernährung vor allem in Entwicklungsländern ausüben würde, da Produkte die geeignet sind um Biokraftstoffe herzustellen und diese zu exportieren oftmals lukrativer sind, als Getreide für den lokalen Markt. Auch wenn unser Biodiesel am Ende, dank des noch nicht vollständig verdunsteten statt zu brennen leider explodierte, waren wir uns doch einig, dass es trotzdem eine spannender und Interessanter Einblick war, der uns hierbei ermöglicht wurde.
Nach einer ausgiebigen Stärkung, bei einer der größten Kantinen Deutschlands (aber trotzdem leckerem Essen) erwartete uns nochmals eine alternative Antriebstechnik. Die Brennstoffzelle: Hierzu führten wir zunächst eine Wasserstoffsynthese durch. Den gespeicherten Wasserstoff nutzten wir anschließend, um damit Becher an die Decke zu schießen und bei dieser Gelegenheit auch die Knallgasprobe durchzuführen. Selbstverständlich wurde der entstandene Wasserstoff aber auch zu ernsten Forschungszwecken genutzt. So führten wir mittels Solarpanels nochmals eine Synthese durch und speicherten den Wasserstoff in unserer stylischen Wasserstoffpowerbank, mit der wir im Anschluss eine kleine Lampe betreiben konnten. Hierbei stellten wir aber auch die Grenzen des Systems fest. Die aufgebrachte Energie die für die Synthese und der Solarpanelproduktion ist nur ein Bruchteil der später nutzbaren Energie. Dennoch ist diese Methode nicht uninteressant, da sowohl Wasserkraftwerke und Windräder nachts Strom produzieren, dieser jedoch aufgrund des geringen Stromverbrauchs gar nicht genutzt werden kann. Dieser Strom könnte so in Wasserstoffspeichern zwischengespeichert werden. Er würde nun nicht ungenutzt in Wärme umgewandelt werden, sondern könnte tagsüber Spannungsspitzen ausgleichen, Autos oder Züge betreiben und dass lokal (je nach vorher genutztem Strom sogar vollständig) emissionsfrei.
Nach mehreren kurzen Pausen aufgrund der starken Hitze im Labor (nur die Aufenthaltsräume waren klimatisiert), folgte nach diesem abwechslungsreichen Tag eine Runde Bowling im Ludwigshafener Bowlingcenter, dort aßen wir auch zu Abend, dennoch folgte auch an diesem Tag nach der Ankunft in Neustadt ein Spielabend.
Auch der dritte und letzte Tag startete bereits früh. Erneut warteten auf uns kurz nach der Ankunft in Ludwigshafen neue Mitarbeiter und eine nochmalige Sicherheitseinweisung. Heute folgte der meiner Meinung nach spannendste Tag, denn wir stellten Indigo her, womit wir mitgebrachte Kleidungsstücke färben konnten. Hierzu mischten wir erneut den kompletten Chemiebaukasten einmal um, und stellten hierbei fest, dass aufgrund der horrenden Preise der eingesetzten Chemikalien und der verwendeten Menge, Experimente dieser Art in der Schule nicht möglich wären. Das Rühren und Erhitzen fand glücklicherweise ohne unser Zutun statt, sodass wir in der Zwischenzeit die Möglichkeit hatten Fragen zu stellen, unsere Proben, die im Gaschromatographen analysiert wurden auszuwerten und diesen genauer kennen zu lernen. Bereits im Einführungsvortrag, staunten wir über den enormen Stromverbrauch der BASF von ca. 6 Terrawattstunden / Jahr was ca.1 % des gesamten Deutschen Stromverbrauches entspricht und damit ist er gut 21678 mal so hoch ist, wie der Verbrauch der Stadt Pirmasens. Dies erklärt auch die drei Kraftwerke. Oder die unvorstellbaren zahlen von 39.000 Mitarbeitern, 2.000 Gebäuden, 200 km Produktionsanlagen, 230 km Schienen, unvorstellbare 2.850 Rohrleitung (dies entspricht etwa der Luftlinie Dublin-Moskau) und 106 Straßen (Stand 2019). Somit ist die Aussage, die BASF ist wie eine eigene Stadt, tatsächlich gerechtfertigt. Im Anschluss hatte sich unsere gelbe Indigo Flüssigkeit in ein dunkles leicht violettes blau verfärbt (siehe Bild). Dies war bereits unser fertiges Indigo, welches u.a zum Färben von Jeans, Leder o.ä verwendet wird. Dieses konnte nun filtriert und getrocknet werden. Tatsächlich war es mit der uns zur Verfügung gestellten Probe identisch. Im nächsten Arbeitsschritt, wurde es erneut gelöst jedoch in schwächerer Konzentration, hierdurch entstand nach Zugabe weiterer Chemikalien erneut eine gelbe Flüssigkeit in die unsere Testkleidungsstücke eingetaucht werden konnten. Hierbei mussten wir jedoch aufgrund des Handlings das Gemisch aus dem Abzug herausnehmen und wurden mit einem sehr „intensiven speziellen" Duft begrüßt. Man konnte erkennen, dass die Testkleidungsstücke anfangs noch gelb waren und sich mit Luftkontakt blau verfärbten.
Zum Abschluss stand noch einmal Mittagessen an sowie eine Rundfahrt auf dem Werksgelände und durch die Ausstellung der BASF. Diese ist bei Interesse auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Werksführung bot sehr interessante Einblicke in die Logistik, Sicherheit, den Standort Ludwigshafen und die Zukunft des Werkes. Auch wurde uns hier der vielmals genutzte Begriff „Verbundstandort" am realen Objekt gezeigt. Auf dem Werksgelände fühlte man tatsächlich ein wenig als würde man mitten in der Industrialisierung stecken (wenn auch mit modernen Maschine, einem Bus und weniger Emissionen). Es ist schon ein beeindruckendes Gefühl, die riesigen Anlagen zu sehen: Die Ammoniaksynthese, die großen Steamcracker, Fackeln, mit denen überschüssiges Gas in riesigen Flammen abgefackelt wird, riesige Transformatoren, Müllverbrennungsanlagen, Kraftwerke, die Acetylenanlage und die anderen mehrere Gebäude hohen Anlagen, die an unseren Besuchstagen aufgrund der Hitze eindrucksvoll gekühlt wurden, und dazwischen ein für den Laien unübersichtliches Gewirr, aus Stapler, Gleisen, LKW, Werkverkehr, Feuerwehr Ambulanz, Zügen Arbeitern, Schiffen, Fahrrädern und v.a die mehrere Tausend! Kilometer langen Rohleitungen, die die einzelnen Prozesse miteinander verbinden, gab ein beeindruckendes Bild ab. Auch die Dimensionen, der Anlagen selbst sind beeindruckend. So durften wir die Halle der Ammoniaksynthese besichtigen und ins Innere der Acetylenalagen hineinschauen, was für den Laien, es sei denn er hat bei Leben mit Chemie gewonnen oder ist Arbeiter an der BASF leider verborgen bleibt und auch bei der Werksführung nicht besichtigt werden kann. Sehr gerne hätte ich hiervon Bilder gezeigt, diese zu machen war jedoch leider auf dem Gelände der die Labore ausgenommen leider verboten. Dennoch kann ich nur jedem zu einer Werksrundfahrt raten. Ein wirklich sehr interessantes Erlebnis. Und wer sich als Führerschein Anwärter/Inhaber über unübersichtliche Stellen, mehrspurige Straßen ärgert, mit Fahrrädern, vielen Autos und einem Bahnübergang, dem rate ich, einmal an einer Führung teilzunehmen. Diese Fahrt war die für einen Fahrer die anspruchvollste Fahrt, die ich bisher unternommen habe. Und dass trotz zahlreicher Reisen im In und Ausland...
Nun stand noch die allseits unbeliebte Verabschiedung der anderen Teilnehmer an, inzwischen waren wir zu einer munteren Truppe zusammengewachsen, die sich gut verstand und ergänzte. Nach kurzer Shuttlebusfahrt kamen wir am späten Nachmittag am Ludwigshafener Hauptbahnhof an, von wo aus ich meine Rückreise Richtung Kaiserslautern (bis Neustadt sogar in Begleitung zweier anderer Teilnehmer) an.
Alle Teilnehmer waren sich einig, dass dies auf jeden Fall eine einmalige Erfahrung war, bei der sich die Möglichkeit bot, neue Erfahrungen zu sammeln und Einblicke in Produktionen zu bekommen, die den meisten Augen verborgen bleiben und einen ersten Eindruck des weiterführenden Berufslebens zu erhalten (für den ein oder anderen vielleicht auch an der BASF).
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Herrn Pörch für die Organisation und seine Mühe bedanken, sowie bei der BASF, die uns diesen Einblick und vor allem in diesem deutlich über den Schulstoff hinausgehenden Rahmen erst ermöglich hat, sowie bei allen weiteren, die im Hintergrund an der Organisation des Wettbewerbs, sowie am reibungslosen Ablauf unseres Besuches mitgewirkt haben. Auch waren wir uns alle einig, die oftmals mehrjährige arbeitsintensive Teilnahme an den Wettbewerben hatte sich aber auf jeden Fall gelohnt. Auch hier konnte man erkennen: FLEIß ZAHLT SICH AUS!